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Der verborgene Reichtum alltäglicher Probleme im Badezimmer


By Thomas Gerig 30 März 2025

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Das Badezimmer ist einer der privatesten, funktionalsten und gleichzeitig unterschätztesten Räume unseres Alltags. Es ist der Ort, an dem wir uns selbst begegnen – jeden Tag aufs Neue. Doch obwohl wir unzählige Stunden unseres Lebens dort verbringen, ist das Bad selten Gegenstand echter Innovation. Warum? Weil wir die Probleme, die darin liegen, oft nicht erkennen. Oder weil wir sie akzeptiert haben. Doch genau hier liegt der verborgene Reichtum: In der Summe all dieser "akzeptierten" Alltagsprobleme liegt ein riesiges Potenzial für Produktinnovationen, Raumgestaltung und neue Denkweisen.

Um diese verborgenen Potenziale sichtbar zu machen, brauchen wir ein Modell, das Tiefe, Kontext und Wirkung verbindet. Willkommen in der vierdimensionalen Innovations-Matrix für das Badezimmer.

Die 4 Ebenen der Problemerkennung

1. Sichtbare & funktionale Probleme

Was jeder kennt: rutschige Fliesen, tropfende Hähne, fehlender Stauraum. Lösungen: Produktfunktion, Technik, Ergonomie.

2. Verdeckte Alltagsprobleme & unbewusste Frustrationen

Dinge, die wir hinnehmen: spiegelverkehrtes Spiegelbild, kalter Luftzug nach dem Duschen. Lösungen: Rituale, Komfortzonen, emotionale Funktionalität.

3. Symbolische & kulturelle Bedeutung

Was das Bad über uns aussagt: Kontrolle, Intimität, Rollenbilder, kulturelle Praktiken. Lösungen: Narrative Produkte, Designs, die Kontexte anerkennen.

4. Philosophisch-existenzielle Tiefe

Der Blick auf das Menschliche: Alter, Vergänglichkeit, Identität. Lösungen: Atmosphäre, Empathie, neue Raum- und Produktphilosophien.

 


 

Die 3 Dimensionen der Kontextualisierung

1. Nutzungskontext:

  • Tageszeit: morgens, abends, nachts

  • Soziale Situation: alleine, Familie, Gast

  • Nutzer: Kind, Senior, eingeschränkte Person

2. Wirkungsebene:

  • Körperlich, emotional, ökologisch, sozial, wirtschaftlich

3. Designebene:

  • Produktfunktion, Raumgestaltung, Interface, Material, Erleben

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Warum diese Matrix so wertvoll ist

Die Kombination aus Ebenen und Dimensionen erlaubt es uns, ein und dasselbe Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten:

Beispiel: Der Spiegel im Badezimmer

  • Ebene 1: Der Spiegel ist zu klein oder beschlägt.

  • Ebene 2: Das Spiegelbild ist spiegelverkehrt – man erkennt sich selbst nicht “wie andere einen sehen”.

  • Ebene 3: Der Spiegel ist ein Symbol für Selbstkontrolle, Selbstinszenierung.

  • Ebene 4: Der Spiegel konfrontiert uns mit Alter, Identität, Vergänglichkeit.

Je nach Nutzung (z. B. ein Teenager morgens vor der Schule oder ein alter Mensch abends allein) entfalten sich daraus völlig unterschiedliche Ansprüche an Produkt, Raum und Atmosphäre.


 

Fazit: Innovation beginnt mit tiefer Wahrnehmung

Wer wirklich relevante Innovationen im Alltag schaffen will, darf nicht nur die offensichtlichen Probleme lösen. Er muss tiefer blicken, emotionaler denken und kontextueller gestalten.

Die vierdimensionale Innovations-Matrix ist ein Werkzeug für Designer, Produktentwickler, Architekten und alle, die Alltagskultur nicht nur verbessern, sondern neu denken wollen. Und das Badezimmer ist der perfekte Ort, um damit anzufangen.

Bild: Spiegelschrank reflect von talsee – Invention & Design Thomas Gerig – das  schattenfreie und blendfreie Licht für die perfekte und wohlwollende Gesichtsausleuchtung. Patentierte Diffusorflächen streuen das Licht millionenfach.

let`s look deeper
Innovatives Design beginnt nicht mit einer Idee, sondern mit der Analyse realer Probleme und der Entdeckung ihres Potenzials.

Thomas Gerig
Industrial Designer